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7,5 Fragen an Isabel Zürcher

Was wir schon immer von der Texterin und Kunstwissenschaftlerin Isabel Zürcher wissen wollten.

Die erste Protagonistin in unserer neuen Reihe 7,5 Fragen an ...  ist die Kunstwissenschaftlerin und Texterin Isabel Zürcher. Sie ist zusammen mit Sibylle Ryser Herausgeberin des Buchs Sans Pareil – Die Kronenhalle Bar (Scheidegger & Spiess).

Wie alle an dieser Serie beteiligten Personen hat auch Isabel Zürcher einen Fragebogen erhalten, der eigens für sie kurartiert wurde – und der sich direkt oder in Anspielung mit der weltweit zurecht berühmtesten Zürcher Bar beschäftigt.

1. Baumkrone oder Schaumkrone?

Einer Nicht-Biertrinkerin ist spontan die Baumkrone lieber. Aber was Schaum und Baum gemeinsam haben, ist bei beiden unbestritten schön: Sie zeichnen einen Übergang zur Luft und sind ein sinnliches Versprechen.

2. Die Kronenhalle Bar, so steht es gross auf dem Cover Ihres Buchs, sei «sans pareil», also unerreicht. Welches andere Etablissement kommt ihr am nächsten?

Wenn wir im Bar-Sektor bleiben, dann entschieden die «American Bar» von Adolf Loos in Wien, eröffnet 1907. Klein, mit edlen Materialien und doch nüchtern im Verzicht auf unnötige Accessoires, war sie Vorbild für die Bar an der Rämistrasse. Die sparsam, äusserst wählerisch eingesetzten Ingredienzien machen’s aus!

3. Ihre liebste Redewendung, in der es – direkt oder im Kontext – um eine Krone (oder ein gekröntes Haupt) geht.

«Da fällt dir (sic.) aber jetzt wirklich kein Stein aus der Krone!»

Serie 7,5 Fragen an ...

Die Serie 7,5 Fragen an ... steht stets in Zusammen mit einer Neuerscheinung im Verlag Scheidegger & Spiess. Dabei wird einer Person, die direkt oder indirekt mit dem Buch oder dessen Thema zu tun hat, ein Fragenbogen zugestellt, der mit eher ungewöhnlichen Fragen bestückt ist. Diesmal ist diese Person Isabel Zürcher, freie Autorin und Kunstwissenschaftlerin in Basel.

4. Die Kronenhalle Bar ist eine lebende Legende, die schon von unzähligen prominenten Gästen frequentiert wurde. Mit wem von dieser illustren Gästeschar würden Sie am liebsten einen Tisch teilen, und war wäre das Gesprächsthema?

In einem heute privat aufbewahrten Gästebuch hat Diego Giacometti wahrscheinlich 1967 einen Gruss hinterlegt für Paul Nüesch, den damaligen Chef de Bar, «et toute sa brigade». Er war kein Prominenter; eher ein wortkarger Typ, der die Menschenmengen mied und seine Gedanken zu Tieren und anderen Geschöpfen wandern liess. An einem Nachmittag, wo’s noch ruhig wäre, würde ich ihn fragen, ob er wirklich ein Lieblingstier habe – oder ob das dann mal eine Erfindung seiner Nachwelt sei?

5. Wie oft in Ihrem Leben haben Sie selbst schon mal eine Krone getragen (Dreikönigstag, Fasnacht, Mottoparty etc.) – und wie war das Gefühl?

Die Papierkronen zum Dreikönigskuchen waren in meiner Kindheit immer Reiz und Ernüchterung in einem: Die Erwartung, dass mich das Glück streifen könnte und in mir doch mehr Prinzessin sei, als ich nach aussen zu erkennen gab, war ein Grund, mir den 6. Januar als wichtigen Kalendertag früh einzuprägen. Und dann hielt der schon geknickte Halbkarton nicht wirklich auf dem Kopf oder die eingestanzte Öse war gerissen vor der vollzogenen Krönung. Was will das heissen? Kronen müssen massgeschneidert sein! Oder es sind eben nicht die «richtigen», sichtbaren Kronen interessant, sondern die innere Vorstellung eines Kopfschmucks, der einen aufrecht vorangehen lässt.

6. Die Kronenhalle Bar führt angeblich ein berühmt-berüchtigtes Buch, in dem Gäste ihren selbst kreierten Drink mit allen Zutaten eintragen lassen und mit einem Namen versehen können. Wie hiesse Ihr Drink, und was wäre drin?

Da liegt ein Missverständnis vor: Auch illustre Gäste haben nicht ihren eigenen Drink kreiert. Das Handwerk des Mixens war und bleibt in der Kronenhalle-Bar den Spezialistinnen und Spezialisten hinter der Bar vorbehalten. Die kennen die Nuancen von Geschmack, Temperatur, Farbe etc. am besten! Es gibt aber zahlreiche Drinks, die den Geschmack von Stammgästen so präzis getroffen haben, dass sie deren Namen tragen und ins offizielle Repertoire an Cocktails eingegangen sind. Die Zusage von Christian Heiss, heute Chef de Bar, ist ja, dass er und seine Crew jedem Gast exakt den Cocktail servieren können, den dieser zur Stunde brauche – das lässt sich ausprobieren. Ich würde den Ball also weiterspielen und mir meinen Drink zaubern lassen!

7. Gibt es ein Gemälde in der Kronenhalle Bar, das Ihnen nicht gefällt? Falls dem so wäre – welches und wieso?

Mit der Surrealistischen Komposition von Joan Miró hängt kein Spitzenwerk der Sammlung in der Bar. Verglichen mit den heiteren Geistern desselben Malers in der Brasserie ist das im Gegenteil eine ziemlich grobe Malerei. Bei Eröffnung der Bar 1965 hing am selben Platz ein Bild von Kandinsky. Bei genauerem Hinsehen ist sogar denkbar, dass Miró ein Ersatzbild malte auf Gustav Zumstegs Wunsch, und dass er beim Imitieren des leuchtenden Vorbilds nur widerwillig bei der Sache war? Eine neue These für einen nächsten, spekulativeren Text? (Vielleicht trinken wir aber vorher doch lieber noch einen sans pareil und lassen die Sache ruhen!)

Halbe Frage:  Eine Bar ist immer auch …

... ein Ort der Fantasie.
 

Fragebogen und Transkription: Thomas Wyss

Sans Pareil

Die Kronenhalle Bar

«Der Band taucht in die Geschichte dieses unvergleichlichen Orts ein und fängt jenes Gefühl ein, das man hat, wenn man ihn zum ersten Mal aufsucht.» Vojin Saša Vukadinović, Schweizer Monat